Zum Inhalt

Detail

Leipziger Tierärztekongress setzte neue Maßstäbe – Berufspolitik im Fokus

Das Sturmtief „Friederike“ überschattete den 9. Leipziger Tierärztekongress der von 18.1. bis 20.1.2018 stattfand. Dennoch trotzten die VeterinärmedizinerInnen den starken Böen und es kamen rund 5.400 TeilnehmerInnen ins Congress Center Leipzig.

Logo 9. Leipziger Tierärztekongress

Der Tierärztekongress, der als wichtigste Fortbildungsveranstaltung im deutschsprachigen Raum gehandelt wird, brachte viele aktuelle Themen hervor: Diabetes bei der Katze, Insekten als neuartiges Lebensmittel oder die Afrikanische Schweinepest – das Programm war vielfältig und hochaktuell.
Ebenso im Fokus standen die Perspektiven des tiermedizinischen Nachwuchses sowie berufspolitische Fragestellungen. Beim Vet-Talk zum Thema „Der selbstständige Tierarzt – ein Auslaufmodell?“ diskutierten Olaf Thamm (Smartvet GmbH), Andrea tom Wörden (Tierarztpraxis Schiffdorf), Nicolas Haas (AniCura Germany Holding GmbH), Roger Battenfeld (Tierärztekammer Berlin) und Kurt Frühwirth (Österreichische Tierärztekammer und Bundeskonferenz der Freie Berufe) – moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Tierärztin und Coach Carolin Deiner.

ÖTK-Präsident Frühwirth sprach sich einmal mehr für die freien Berufe aus: „Selbstständigkeit bedeutet Selbstbestimmung und freies Arbeiten. Unsere Untersuchungen zeigen, dass junge BerufsanwärterInnen sehr wohl an einer Selbstständigkeit interessiert sind und dies auch ausüben wollen. Doch die EU erschwert diese Vorhaben vor allem durch die stetig anwachsende Bürokratisierung.“
Andererseits würden Tierklinikketten und die sogenannten „Corporates“ Erleichterungen beim Marktzugang bekommen. Viele (weibliche) Veterinäre würden sich aus diversen Gründen – seien es Work-Life-Balance oder mangelnde betriebswirtschaftliche Kenntnis – lieber als Angestellte in ein Abhängigkeitsverhältnis begeben und so eine Art Marktmonopolisierung begünstigen.  Die VerbraucherInnen und TierhalterInnen würden aber dadurch die (finanziellen) Auswirkungen erleiden, da sie für gleiche Leistungen höhere Preise zahlen und mit Überbehandlung ihrer Tiere rechnen müssen.  Zudem gebe es vor allem in ländlichen Gebieten ein Nachfolgeproblem – vor allem in der Nutztierpraxis gäbe es Versorgungsengpässe, hier wäre Handlungsbedarf seitens der Politik gefragt. Die sogenannten „Corporates“ würden sich um die Versorgungssicherheit keine Gedanken machen. Und das Spannungsfeld Finanzierung ist in den Nachbarländern unterschiedlich: Während es in Österreich immer schwieriger werde Bankfinanzierungen vor allem für die Praxisgründung zu bekommen, gäbe es in Deutschland keinen Engpass bei Fremdfinanzierungen.

Roger Battenfeld riet NeugründerInnen mit einer Gemeinschaftspraxis zu starten und wies darauf hin, dass mit steigendem Personal sich auch das Aufgabenfeld der Praxisinhaberin, des Praxisinhabers verändere: „Je mehr Personal ich habe, desto weniger bin ich tierärztlich tätig – da bin ich dann primär Manager.“ Dem stimmte auch Andrea tom Wörden zu, die Teilinhaberin einer Tierarztpraxis für Kleintiere, Nutztiere und Pferde ist. „Man muss sich entscheiden, ob man Lust hat, einen Teil seiner Arbeit ganz anders zu gestalten und unternehmerisch tätig zu sein, obwohl man das zuvor nie gelernt hat. Wichtig sind geregelte Arbeitszeitmodelle und ein gut organisiertes soziales Umfeld, vor allem wenn es um die Kinderbetreuung geht.“ Und wenn man unternehmerisch an seine Grenzen stoße, solle man sich extern beraten lassen, so die Tierärztin.

„Was wir brauchen sind Arbeitszeit-Flexibilisierungsmodelle, hier ist die Politik gefragt, denn nur die Öffnung dieses starren Systems sichert das Überleben der Selbstständigen“, so Frühwirth und forderte abschließend einen gemeinsamen Schulterschluss von TierärztInnen, Corporates und StandesvertreterInnen gegenüber der Politik um auch weiterhin eine tierärztliche Versorgung auf höchstem Niveau garantieren zu können.

Mehr Infos unter: <link http: www.tieraerztekongress.de>

www.tieraerztekongress.de

Autorin: Mag. Silvia Stefan-Gromen