"Ich freue mich, wenn eine meiner Mitarbeiterinnen schwanger ist, aber gleichzeitig weiß ich, dass dann ein großer Aufwand auf mich zukommt“, sagt Tierärztin Barbara Wolfger aus St. Michael in der Obersteiermark. Für die Tierärzteschaft, die ohnedies mit Personalmangel zu kämpfen hat, ist eine Schwangerschaft mitunter ein wirtschaftliches Problem.
Warum? Ab dem Zeitpunkt, wo eine Tierärztin bekannt gibt, dass sie schwanger ist, darf sie aus Mutterschutz-Gründen nicht mehr am Tier arbeiten. Allerdings muss der Arbeitgeber weiter Gehalt zahlen. „Gerade für kleine Nutztierpraxen ist das ein großes Problem. Es bestünde zwar die Möglichkeit, die Tierärztin noch für andere Tätigkeiten einzuspannen, aber das macht in der Praxis keinen Sinn“, erklärt Tierärztin Julia Enichlmayr aus Kuchl. Vertretungen sind schwer zu bekommen. „Das führt oftmals dazu, dass Praxisinhaber das kompensieren müssen und dann die doppelte Arbeitsbelastung haben“, so Enichlmayr. Oder man findet eine Vertretung und zahlt doppelt. Der Beruf ist mittlerweile fast zu 80 Prozent weiblich dominiert.
Wolfger: „Ich hatte Mitarbeiterinnen, die ein schlechtes Gewissen hatten, als sie von ihrer Schwangerschaft berichteten. Das darf nicht sein! Niemand sollte sich je schlecht fühlen müssen, schwanger zu sein.“ Daher wünschen sich die Tierärztinnen ein Modell wie inDeutschland, bei dem die Sozialversicherung die Kosten übernimmt.
Auf das Ansinnen ist mittlerweile auch die Tierärztekammer mit Präsident Kurt Frühwirth aufgesprungen: „Das ist eine Extrembelastung für die kleinstrukturierten Betriebe. Da hat die Politik eine Verantwortung, das ernstzunehmen.“ Auch in anderen Berufen gibt es eine ähnliche Problematik. Daher braucht es eine Lösung für alle. Ein vom Arbeitsministerium ausgearbeiteter Entwurf schaffte es nicht mehr in den Nationalrat, weil man sich nicht auf die Finanzierung einigen konnte. Die Tierärzte bleiben beharrlich: „Ändert sich nicht bald etwas, steht der Berufsstand vor existenziellen Problemen.“
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Kleine Zeitung: Mutterschutz als Problem für Tierarztpraxen, 21.10.2024