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Drohendes EU-Verbot bestimmter antimikrobieller Wirkstoffklassen

Wie Sie sicher auch aus den sozialen Medien erfahren haben, sorgte zuletzt ein Beschluss des ENVI (Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit des EU-Parlaments) für große Aufregung und Unsicherheit. Demnach drohe der Veterinärmedizin ein Verbot an antimikrobiellen Wirkstoffklassen. Erste Protestmaßnahmen waren die Folge, nun gilt es das Schlimmste zu verhindern.
Im oben angeführten Ausschuss des EU-Parlaments wurde Mitte Juli (13.7.2021) der von der Kommission vorgelegte Verordnungs-Entwurf über „Kriterien für die Einstufung antimikrobieller Mittel, die für die Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten sind" auf Eis gelegt.

Obwohl der Entwurf von der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) sowie EFSA, ECDC, OIE und WHO erarbeitet und mit einer breiten Zustimmung ausgestattet wurde, brachte der EU-Abgeordnete Martin Häusling (Grüne) einen Entschließungsantrag ein, stellte selbigen in Frage und forderte weitere Verschärfungen. Weiters wird gefordert, dass die von der WHO definierten Reserveantibiotika ausschließlich für die Anwendung beim Menschen bestimmt werden.
Der ENVI-Ausschuss hat diesen mit dem Abstimmungsverhalten von 38 Pro-Stimmen, 18 Gegen-Stimmen und 22 Enthaltungen angenommen. 22 Enthaltungen sind wohl der Beweis, dafür, dass es hier viele Unentschlossene gab und die Abstimmung damit auch als durchaus knapp betrachtet werden darf. Zudem dürfe es auch offenbar weiteren Aufklärungs- und Informationsbedarf unter den Abgeordneten geben. Das Europäische Parlament wird zwischen dem 13. und 16. September nun final zu entscheiden haben. Die Folgen der Annahme dieses Antrages wären weitreichend. Viele Antibiotika könnten in der Veterinärmedizin nicht mehr angewendet werden und wären damit mit einem Verbot belegt.

Bereits gesetzte Initiativen
Der BPT (Bundesverband praktizierender Tierärzte) in Deutschland hat diesbezüglich bereits eine Unterschriftenkampagne gestartet, an der sich auch Tierhalter*innen beteiligen können. Die gesammelten Unterschriften sollen dann an die deutschen Abgeordneten im EU-Parlament übergeben werden. Auch eine Online Petition wurde gestartet, der Zuspruch ist enorm.

Zudem hat die European Platform for the Responsible Use of Medicines in Animals (EPRUMA) hat zusammen mit anderen Organisationen wie der Federation of European Companion Animal Veterinary Associations (FECAVA), der Federation of Veterinarians of Europe (FVE) ein gemeinsames Positionspapier zu diesem Thema veröffentlicht, um den delegierten Rechtsakt der Europäischen Kommission zu unterstützen und zur Abstimmung gegen die Entschließung aufzurufen.

Entscheidend wird sein, wie sich das Europäische Parlament im Plenum nun entscheiden wird. Dazu versuchen wir natürlich auch auf nationaler Ebene Aufklärungsarbeit zu leisten und die Politik über die weitreichenden Folgen dieses delegierten Rechtsaktes zu informieren. Möge zuletzt eine vernunftbasierte Entscheidung getroffen werden und der vorliegende Entwurf der delegierten Verordnung angenommen werden. Unsere Gespräche auf höchster Ebene lassen dies zumindest durchblicken.

Links:
Hintergrund-Infos zur Verordnung (EU) 2019/6  
Delegierte Verordnung der Kommission
Anhang der Delegierten Verordnung der Kommission
Unterschriften-Kampagne des bpt
Online-Petition

 

Mit freundlichen Grüßen,
 

Mag. Nicole Hafner-Kragl
Kammeramtsdirektorin

Mag. Kurt Frühwirth
Präsident der Österreichischen Tierärztekammer